Wollen wir uns das leisten?
Donnerstag, 25. Juni 2015

Während meiner Tätigkeit im Verkauf, wurde ich in Kundengesprächen oft gefragt, wo die Produkte gefertigt wurden. Ganz ehrlich, größtenteils konnte ich es nicht mit Sicherheit sagen, denn in den meisten Fällen sind die Produkte ein globales Teilekonstrukt. Schale aus Brasilien, Griffe und Rollen aus China, Reißverschluss und Innenfutter aus Polen, evtl. gefertigt in Deutschland, fertig ist der Koffer. Das war nur ein vorbildliches Fantasiegebilde, dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass der Großteil aus den Billiglohnländern kommt und gefertigt wird. Trotzdem darf sich das Ganze „made in Europe“ oder sogar „made in Germany“ nennen. Das OLG Stuttgart äußerte sich 1995 in einem Urteil so: „Auch wenn einzelne Teile oder ganze Baugruppen eines industriellen Erzeugnisses im Ausland zugekauft wurden, darf das Erzeugnis die Bezeichnung Made in Germany tragen, sofern die Leistungen in Deutschland erbracht worden sind, die für jene Eigenschaft der Ware ausschlaggebend sind, die für die Wertschätzung des Verkehrs im Vordergrund stehen.“ OLG Stuttgart (2 U 124/95). Made in Germany ein Etikettenschwindel? Aber sind wir nicht sogar selbst schuld daran? Wir wollen Qualität, aber wir wollen nicht viel dafür ausgeben. Das wissen auch die Unternehmen. Aber Sie wissen auch, dass das nicht funktioniert! Und im Grunde unseres Herzens wissen wir das auch und deshalb erheben wir unsere Stimmen nicht all zu laut, denn das würde uns mehr kosten. Leitsätze wie „Geiz ist geil!“ und „more is more“ prägen unser Kaufverhalten mehr, als wir es uns eingestehen wollen. Viele Kunden stutzen deshalb bei den Preisen unserer Bodensteckdosen. Sicherlich haben diese einen anderen Preis als es vergleichbare Produkte aus China oder Indien haben, aber es ist ein vollständig in Deutschland gefertigtes Produkt. Dahinter steckt die Arbeit von Familienvätern, die für ihre Kinder arbeiten gehen und nicht umgekehrt. Sie haben das Privileg unter wirklich guten Arbeitsbedingungen zu arbeiten, die ihre Gesundheit nicht angreifen. Und es werden zufriedenstellende Löhne gezahlt, die es ermöglichen nur einen Job zu haben und nicht drei. Wollen wir das bei unseren Kaufentscheidungen mit berücksichtigen, denn die Wahrheit ist: „Geben ist seeliger als Nehmen“ und „Weniger ist mehr!“.
lb